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Im Moment könnte ich 20 Texte am Tag schreiben, das Gehirn läuft auf Hochtouren, es regnet Erkenntnisse. Zwischendurch weiß man nicht genau, ob man durchdreht oder erleuchtet ist. Vielleicht ist es ja auch das gleiche, wer weiß das schon? Wobei wir schon beim Thema wären: Nichts. Genaues. Weiß. Man. Nicht. Ein Zustand, den die wenigsten Menschen souverän meistern. Wenn ich mich umschaue, fahren viele gefühlsmäßig Achterbahn und verbringen ihren Tag im Moment ungefähr so: aufwachen, merken „es ist Pandemie“, kurz katastrophisieren, aufstehen (geil - der Kühlschrank ist voll, keine Zombies, alles gut), frühstücken, Nachrichten lesen, dramatisieren, aufregen, meditieren, kurz wieder klarkommen, duschen, Mittagessen planen (noch drei Stunden bis dahin, meine Güte), Netflix, Corona-Statistik und Kontostand checken und Hochrechnung machen, durchdrehen oder zurücklehnen (je nach Schlussfolgerung), lesen, rausgehen und joggen oder Bäume umarmen, um die innere Mitte zu finden, über die Idioten aufregen, die den 2m-Abstand nicht einhalten (zu Menschen, nicht Bäumen), endlich Mittagessen, grübeln, Schokolade, irgendwas Spirituelles machen (vielleicht hilft’s), irgendwas Schlaues, Motivierendes, Nachdenkliches, Kritisches posten (vielleicht hilft’s), mit irgendwas sedieren (Weizen, Zucker, Fett, Social Media, Klopapier), Schönreden, Netflix. Zwischendurch Kinder, Home Office, Unternehmen führen - wenn man nicht gerade in einem systemkritischen Beruf bei 200% läuft.

Was jetzt fehlt sind diese Sätze, die früher Mama und Papa gesagt haben, wenn man Angst hatte, unsicher war oder ungeduldig:

„Alles ist gut, da ist kein Monster. Das war nur ein Traum, Du kannst bei uns im Bett schlafen.“

„Wir sind bald da. Man kann schon fast das Meer sehen.“

„Ja, Du kannst das. Woher ich das weiß? Mamas und Papas wissen sowas!“

„Das machst Du super!“

„Nein, es wird nicht weh tun. Und es gibt ein Gummibärchen.“

Aber Mama und Papa wissen nichts und gehören auch noch zur Risikogruppe. Wer könnte sie jetzt vertreten? Angela Merkel, ein Virologe, ein geistiger Führer? Aber die wissen zum Verlauf leider auch nichts. Ja, wo ist denn Gott wieder, wenn man ihn mal braucht? Es ist zum Durchdrehen - oder zum... kollektiv erwachsen werden?

Wer erwachsen wird, reift. Welche Form der Reife könnte das sein? Zusammenhänge eigenständig durchdenken, abwägen, Entscheidungen treffen und Verantwortung für die Konsequenzen übernehmen. Sich selbst und andere versorgen (Partner, Kinder, Mitarbeiter). Nicht nur das eigene Wohl im Blick haben, sondern auch das der anderen. Empathisch sein. Unbekanntes auch ohne emotionalen Zuspruch oder finanzielles Netz wagen und meistern. Sich selbständig ausrichten und Gefühle meistern. Sich eindeutig festlegen und Rückpässe auch ohne Trost meistern. Herausfinden, was einen beruhigt, belebt oder erdet und das dann tun. Mutig einen Weg gehen - auch ohne auf eine führende, schützende oder gar segnende Hand zu warten. Selbst herausfinden, was genau für das Lösen einer Aufgabe funktioniert.

Einiges davon trifft natürlich auch auf Kinder zu! Und einiges davon leben viele Erwachsene nicht. Vielleicht sind genau dies die Eigenschaften, die wir in einem groß angelegten gemeinsamen Reifeprozess jetzt verstärkt meistern, so dass wir uns als Kollektiv von innen heraus stabilisieren?

Wichtig: ich habe nicht geschrieben „mach ab jetzt alles allein“. Es geht vielmehr darum, auch ohne eine Instanz im Außen, die einem sagt, dass man in Ordnung, auf dem richtigen Weg, sicher und versorgt ist, mental-emotional klarzukommen. Wenn die Mehrheit jetzt eine innere Stärke entwickelt und nicht nur auf Trost, Motivation und Aufmunterung wartet, stabilisiert uns das als Gesellschaft, was bestimmt gut ist für den nächsten Schritt.

Jeder ist im Moment auf eine gewisse Weise auf sich selbst zurückgeworfen und kann daraus jetzt einen Reifeprozess machen. Auf englisch heißt Reife „maturity“, was auch Mündigkeit bedeutet. Wahrscheinlich haben wir jetzt eine Form von Selbstfindung, die man nicht bei einem Selfawareness-Trip am Strand oder auf einem Berg erlebt während zu Hause die Komfortzone wartet. Wir können jetzt aus innen heraus kommende Selbstsicherheit, ausgerichtete Selbstwirksamkeit und beherzte Selbstverantwortlichkeit leben in der Absicht, eine erneuerte, friedliche und kooperative Erde während und nach Corona zu erschaffen. Und können damit aufhören, das auf Instagram zu inszenieren ????

Frag nicht, was die Zukunft bringt sondern was Du in die Zukunft bringst. Auch wenn die genauen Umstände noch nicht klar sind, kannst Du Dir jetzt schon neue Möglichkeiten ausdenken, mit anderen besprechen oder sogar schon starten.

Predige nicht, dass es bestimmt irgendwelche Lösung geben wird, sondern erzeuge Lösungen.

Zwing Dich nicht, Ängste loszuwerden, sondern erfahre sie und erkenne dabei, dass Du sie HAST, aber nicht BIST. So kannst Du den Zusammenhang, den Du als ein diffuses Monster hinten in der Ecke vom Zimmer siehst, besser anschauen und durchdenken.

Hör auf Dir und allen anderen zu sagen, dass sie jetzt nur vertrauen müssen und dass man das lernen kann. Wenn Du „was, wenn...“-Gedanken hast und Dir Horror-Szenarien ausmalst, mach Dir bewusst, dass das ein Kontrollmechanismus ist, mit dem Du den weiteren Verlauf der Dinge kontrollieren willst. Ob Du die Situation gedanklich schlechtredest oder schönredest ist dem Virus egal. Wenn das Ende von Corona ist: würdest Du Dir und Deiner Corona-WG lieber eine gute oder eine schlechte Zeit beschert haben wollen?

Ich habe noch 1.000 weitere Fragen dieser Art, aber ich muss jetzt ins Home Office und dabei weiter reifen ????

.... bevor ich gehe... Sei nett zu den anderen Reifenden ❤️ Das ist auch Teil des Reifens. Zu fragen, ob dem anderen etwas weh tut und ihm vielleicht ein virtuelles Gummibärchen zu geben bis der Hausarrest vorbei ist und wir uns alle wieder umarmen können und die Erde neu eröffnen. Dann sind wir etwas erwachsener und vielleicht in der Lage, die Klimakrise besser zu meistern ????????

With mature love,

Patrizia

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