Das Leben ist in den letzten Monaten plötzlich so fragil geworden. So vieles, was selbstverständlich war, macht eine Pause, Team Homo Sapiens versucht gerade, mit dem „new normal“ klarzukommen und weiterhin fehlt die Auskunft darüber, wie das hier jetzt wohl alles weitergeht? Gemessen an dem, was meine Großeltern und Urgroßeltern und alle Ahnen bis zurück zu den Hexenprozessen und weiter zurück erlebt haben, stellen wir uns vermutlich gerade alle ziemlich an. Das liegt aber daran, dass wir uns an das „Old Selbstverständlich“ gerade so schön gewöhnt hatten, dass uns das „New normal“ als frecher Angriff auf alles erscheint, von dem wir glaubten, dass es als Flatrate gedacht war.
Isso.
Ich mag dieses Wort. Ist so. Ist jetzt so. Ist halt so. Isso. Was der menschliche Verstand nicht oder nur schwer begreift: Dingen, die man nicht ändern kann, stimmt man besser zu. Nicht weil das richtig ist, aber weil es sich damit einfach besser lebt. Und jetzt kommt’s: ich weiß das und ich finde so einiges zwischendurch trotzdem richtig doof. Hier kommt meine Liste von allem, was ich in den letzten Monaten unerfreulich bis hin zu unsäglich fand:
- die Klimaerwärmung
- Tierquälerei
- Corona
- Verschwiegenheitsklauseln
- Rufschädigung
- finanziellen Verlust
- manchmal meinen Stoffwechsel
- unnötige Plastikverpackung
- Unfreundliche Menschen
- Krebs
Zusammengefasst: Unwägbarkeiten des Lebens und damit alles, was ich nicht kontrollieren kann, obwohl ich das gern täte. Ja, auch als Coach und Trainerin finde ich ungeplante Veränderung mitunter unangenehm (isso!). Das ist vollkommen menschlich, darf sein, denn es gibt dafür eine Lösung und die heißt überraschenderweise:
Isso
Wer in meinen Trainings war, kennt die Metapher zum Problem: der Wasserball. Man ist in einem Pool und es taucht ein Wasserball auf, der für etwas steht, was einem nicht gefällt: ein Stoffwechsel, ein neuer Virus, ein Gesetz - und natürlich alle Konsequenzen, die mit ihm einhergehen. Die meisten Menschen wollen unerfreuliche Bälle loswerden, indem sie sie unter die Wasserlinie drücken. Man ahnt das Problem: das, was aus dem Leben rauskontrolliert werden soll, bekommt volle Aufmerksamkeit, Kraft und Energie. Die schlechte Nachricht: Übergewicht verschwindet nicht, wenn man gegen den Stoffwechsel kämpft, Entscheidungen anderer Menschen verschwinden nicht, nur weil man sie ablehnt, unnötige Verpackungen, Corona und unterschiedliche Standpunkte zu Corona verschwinden nicht, wenn man sie mit Moral und Rechthaberei rauskontrollieren will. Kontrollstrategien kosten unglaublich viel Energie und wir verarschen uns selbst mit der Illusion, sie seien dauerhaft und garantiert wirksam und erfolgsversprechend. Wenn das so wäre, gäbe es ja keine unerfreulichen Ereignisse mehr
Es gibt Phasen im Leben, da ploppen wenige Bälle auf. Und dann gibt es 2020 mit seinem „New normal“, wo bei dem ein oder anderen gerade vielleicht kaum Wasser zu sehen ist vor lauter Unwägbarkeiten und unerfreulichen Ereignissen, die man da lieber nicht mehr haben will.
Mir hilft dabei „isso“.
Klingt resigniert, ist es aber nicht. Für jemanden, der Bälle gern runterdrückt, ist nur die Vorstellung so befremdlich, allen Bällen ins Auge zu schauen, einem nach dem anderen, und sie da sein zu lassen, wo sie gerade sind. Und sich dann mal für einen Moment mit dem Rücken ins Wasser gleiten zu lassen und zu treiben, um zu merken, dass nichts Schlimmeres passiert als beim Runterdrücken - im Gegenteil Manche Unwägbarkeiten sind gar nicht so schlimm, gefährlich oder schädlich wie man denkt. Dazu muss man nur mal vergangene Unwägbarkeiten und unerfreuliche Ereignisse betrachten: sie waren vielleicht unangenehm, aber nicht schädlich, denn Du bist ja noch hier und hast sie alle samt überlebt. Vermutlich nicht nur das. Die meisten Menschen wachsen sogar durch solche Erfahrungen und gehen aus intensiven Zeiten gestärkt und vielleicht sogar weiser hervor. Wahrscheinlich hast Du währenddessen nur viel Energie dafür aufgewendet, die Unerfreulichkeiten mit viel Kontrollstrategien irgendwie wegzudrücken.
Und auch da gilt: war so.
Isso
Am Ende der Kontrolle wartet der Seelenfrieden. Wie ein großer warmer Pool, der die ganze Zeit da war und immer da ist. Diese Vorstellung könnte man ja mal in Betracht ziehen. Und wahrscheinlich kann man den ein oder anderen Ball nach dem erholsamen Rückenschwimmen, wenn man sich wieder aufrichtet, sanft zur Seite schnipsen. Wie eine Erfahrung, die da mal war, aber keine Macht mehr über einen hat. Oder sich überlegen, wie man sonst mit dem Ball umgehen will, wo er da nun mal ist. Wie könnte man damit besonnen, verbindend, friedlich, zuversichtlich, kreativ, steuernd und gestaltend umgehen?
Es stirbt nichts, weil man die Bälle da sein lässt, wo sie sind im Sinne von „es ist ok, dass sie Teil Deines Lebens und damit Deiner Erfahrung sind“. Es stirbt nur eine Illusion - die Illusion der Kontrolle über das Leben. Und möglicherweise stirbt die Anstrengung beim Drücken. Und wäre das nicht ein befreiender Verlust, der uns kühner und gelassener im Pool sein lässt, während wir zusammen hinübergleiten in das „New normal“?
Man kann Veränderungen mit den darin enthaltenen Unwägbarkeiten ohnehin nicht aufhalten.
Isso
Zustimmende Grüße aus dem Pool.
Patrizia
P.S.: Wenn Du mit Stefan und mir das Zurücklehnen im Pool trainieren willst, sei bei unserem Online-Kurs dabei. Infos gibt es bald auf der grünen Wiese. Einfach zum Newsletter anmelden und weitersagen