Es ist nicht der Berg den wir bezwingen sondern uns selbst. Das hat Sir Edmund Hilary gesagt und das stimmte bei einer unserer Wanderungen in Kanada mehr denn je. Schöne Grüße von Jona, unserem ältesten Sohn. Er findet, ich soll seine Erfahrung am Berg erzählen. Weil er ein Held ist, der sich zeigt Sie handelt von der Last, die man einen Berg hochträgt, wenn man etwas über sich denkt, das nicht stimmt.
Im Sommer sind wir zu viert einen Berg in Kanada aufgestiegen. Beim Anstieg gab es 2 Stunden lang Moskitos, was die Wanderung anstrengend machte. Jona war ziemlich genervt darüber. Der Gipfelanstieg war extra steil und es windete. Kaum waren wir oben fing es an zu regnen und wir stiegen den steilen Anstieg schnell wieder ab. Unten am Plateau angekommen riss es auf, so dass Andreas und ich beschlossen, ERNEUT aufzusteigen. Jona war so stinksauer darüber, dass wir nochmal hoch wollten, dass er umdrehte und alleine Richtung Tal lief. Stampfend. Tschüss! Intuitiv dachte ich: er MUSS diesen Berg hochlaufen. Was auch immer er während dieser gesamten Wanderung hat, weshalb er so emotional ist: er wird es nicht loswerden, wenn er jetzt aufgibt. Andreas fing ihn ein. Er stieg wieder auf, nun noch wütender als vorher. Was war nur los? Am Gipfel fragte ich ihn und es platzte aus ihm heraus: „Egal, was ich mache, ich kriege keine Anerkennung. Immer bin ich nicht gut genug!!!!!“ Ich fragte ihn, ob das wirklich so sei, dass wir oder andere ihn nicht anerkennen. Laut feuerte er raus „NEIN! Aber es kommt nicht bei mir an!!!!“ Er war stinksauer. Tränen der Wut in seinen Augen. Ich schaute ihn mit festem Blick an und legte meine gesamte Liebe zu ihm in diesen Blick: „Worüber bist Du so sauer?“ „Dass ich denke, dass immer nur Ben Anerkennung bekommt und nie ich. Dass ich denke ich bin nicht so gut wie er!!!“ Er war kurz davor, wegzulaufen. Und so verzweifelt. Ich hielt ihn fest „Stimmt das denn? Jona, stimmt das, dass Du nicht gut genug bist?“ „NEIN! Das weiß ich seit dem Jugend-Training, dass das nicht stimmt. Das ist QUATSCH!“ Er schluchzte. Es brach mir fast das Herz und ich hielt ihn fest. „Willst Du es weiter denken oder da wieder aussteigen?“ „NATÜRLICH AUSSTEIGEN!!“ Ich umarmte ihn. „Wollen wir darüber reden während wir zusammen zum zweiten Gipfel rüberlaufend?“ „Ja“. Er beruhigte sich. Ich umarmte ihn. Ich glaube so fest, wie noch nie in meinem Leben. „Jona, wir lieben Dich. Lass loslaufen. Ok?“ Und wir liefen los und redeten.
Was ich niemals tue, ist Menschen ungefragt coachen, schon gar nicht meinen Mann oder meine Kinder. Was wir als Familie gern tun, ist gemeinsam zu philosophieren. Es hilft dabei, sein Denken zu hinterfragen und belastende Gedanken loszuwerden. So wie man denkt, so fühlt man sich. So wie man fühlt, so handelt man. Wir liefen also. Und philosophierten. Und mit jedem Meter legte er die mental-emotionale Last ab, die es für ihn so schwer gemacht hatte, diesen Berg zu besteigen. Was Jona weiß: Menschen tun alles für einen Zweck und in einer Absicht. Natürlich ist es belastend, negativ über sich zu denken. Und doch muss es einen Zweck haben, sonst täten wir es nicht. Was ist der Zweck davon, über sich zu denken, man sei nicht gut genug? Man treibt sich damit an und hält sich am laufen. Was ist also die Befürchtung, wenn man den Gedanken aufgibt? Man könne seinen Antrieb verlieren. Der Verstand macht einem vor, die Ergebnisse, die man hat, kämen vom Antrieb aus diesem Gedanken - was ein Irrtum ist. Man hat sie, weil man die Bedingungen für die Ergebnisse erfüllt. Egal, was man dabei über sich denkt. Ungewöhnliche und so entscheidende Frage: Was ist der Gewinn davon, dass über sich zu denken? Man kann aussteigen, wenn man bestimmte Bedingungen nicht erfüllen will. So weise sagte Jona „Naja, was mir nicht gefällt, muss ich halt nicht machen. Weil ich bin ja nicht gut genug.“ Er grinste. „Für die Schule auch toll. Oder andere ätzende Aufgaben.“ Wir standen auf einer Anhöhe und blickten hinauf zum nächsten Gipfel. Am Berg erlebt man so oft Zeichen. Es riss auf und die Sonne strahlte mit all ihrer Kraft auf uns. Was ist der Preis, den man zahlt, wenn man den Gedanken aufrecht erhält? Jona wurde nachdenklich. „Ich kann mich nicht am Gipfel erfahren. Weil ich zurück ins Tal laufe.“ So ist das. Der Raum der Erfahrungsmöglichkeiten ist begrenzt. Wenn man wandert, knirschen die Steine immer so schön unter den Füßen. Ich lauschte der Natur um uns herum, unseren Schritten und ihm, wie er so vor sich hindachte. „Wie würdest Du denn Leben wollen, Jona?“ „Ich will auch die Erfahrung am Gipfel machen können. Nicht für den Beweis. Einfach für die Erfahrung.“ Und ich dachte, dass er damit den wichtigsten Schlüssel benannt hat für ein erfülltes Leben. NICHT FÜR DEN BEWEIS. Einfach für die ERFAHRUNG. Gerade hat er sich aus einem selbst gebauten Gefängnis befreit. Jetzt kann er wieder frei wählen: einen Berg hochlaufen, um ihn hochzulaufen. Einen Berg auch nicht hochlaufen - aber ohne gegen den Berg ankämpfen zu müssen. Er lief neben mir vollkommen ohne Anstrengung. Mit jedem Schritt beschwingter. Die Last war weg. Am Gipfel suchten wir alle vier uns jeder einen Stein, der für das alte, begrenzende Denken über sich steht und warfen ihn in einem Ritual ins Tal. Es war so friedvoll. Jona ist angekommen, dachte ich. In seinem SEIN. Es ist nicht der Berg, den wir bezwingen, sondern das DENKEN über uns selbst
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Jona will, dass viele Menschen seine Erkenntnis lesen und von der Möglichkeit hören, dass man aus negativen Gedanken über sich aussteigen kann
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